Anmerkungen zur Synopse
- Da sich die von Hessen Mobil im Auftrag des MKK erstellte Synopse – Variantenbetrachtung fast ausschließlich auf die veralteten Umweltverträglichkeitsstudien aus dem letzten Jahrhundert bezieht, ist sie nur bedingt aussagekräftig: (Alle Zitate sind kursiv dargestellt)
- „Die genannten Punkte werden nach verfügbarem Kenntnisstand aus den Altunterlagen für alle Varianten verbal abgehandelt und zusammengefasst.
- Wiedergegebene Bewertungen und Abwägungen sind ggf. nicht aktuell.
- Eine Aktualisierung dieser Bewertungen und Abwägung konnte aufgrund der unterschiedlich alten Datenlage und nicht aktueller Randbedingungen usw. nicht vorgenommen werden.“ (Seite 9)
Dennoch möchte ich hier auf etliche Punkte eingehen, die m. E. bemerkenswert sind:
Zur Variante 1 (Omegabrücke)
Schon auf Seite 3 wird das ständig wiederholte Märchen, es gehe hier ausschließlich um die Bahnquerung/Brücke widerlegt:
- „Beginnend am Knoten mit der K 862 erfolgt der Ausbau der K 904 auf einer Länge von rd. 300 m im Bereich der bestehenden Kreisstraße in Richtung Norden…..“
- „Gleichzeitig mit dem Ausbau der K 904 wird eine Linksabbiegespur in der K 862 hergestellt.
- Die Baulänge im Bereich der K 862 beträgt dabei rd. 95 m.“ (S. 3)
- „Als weitere Änderung gegenüber der UVS ist der Ausbau der K 904 bis zum Knoten und der Knotenausbau zu vermerken.“ (S.4)
Zur Variante 2 (gestreckte Überführung)
„Analog zur Variante 1 muss ergänzend …..davon ausgegangen werden, dass südlich des Baubeginns auch ein Ausbau einschließlich einseitigem Geh-/Radweg bis zur K 862 sowie der Knotenumbau im Bereich der K 862 erfolgen muss.“ (S.5)
„Die Ladestraße wird parallel zur DB unter dem zu erstellenden Überführungsbauwerk
mit hindurch geführt. Die Anbindung von Lade- und Bahnstraße ist bei der gestreckten
Überführung, auf Grund des Höhenunterschiedes im Kreuzungsbereich, nur über ein
Anschlussohr möglich.“ (S.5)
Dieses „Anschlussohr“ kann problemlos auf der westlichen Seite errichtet werden. Dies gilt analog bei einer Unterführungsvariante.
Zur Variante 3 (gestreckte Unterführung)
„Um eine Überflutung der Unterführung zu verhindern, ist die Höhenlage der K 904 so auszubilden, dass die Fahrbahn an den Trogenden über dem Wasserspiegel HW100 liegt.“ (S.7)
So hoch ist der Wasserspiegel zuletzt gewesen, bevor das Rückhaltebecken bei Steinau gebaut wurde. Wenn das Wasser so hoch steigen sollte ist die Straße unpassierbar, dann nutzt auch eine trockene Unterführung nichts. Die Maßnahme erscheint also unnötig.
Zur Variante 4 (gestreckte Unterführung – Lichte Höhe = 3,30 m)
„Bei einer lichten Höhe von 3,30 m ist eine Nutzung nur noch durch folgende Fahrzeugarten möglich:
– Personenkraftwagen
– Transporter
– Lieferwagen.“ (S.7)
Hier bleiben etliche Fahrzeuge unerwähnt. Möglich sind ebenfalls:
– kleine LKW
– ÖPNV-Busse
– hier übliche Fahrzeuge des Winterdienstes
– viele Fahrzeuge der Feuerwehr
– Rettungsfahrzeuge
Zu Infrastruktureinrichtungen (Leitungen, Gasstation) (S.11)
Im Vergleich mit den Brücken muss bei einer Unterführung lediglich noch der Abwasserkanal zusätzlich umverlegt werden. Bei der Variante 4 könnte die Gasreglerstation voraussichtlich am bisherigen Standort belassen werden.
Zu Raumordnung / Städtebau (S.12)
„…das Vorhaben selbst ist nicht als Planungsziel im Regionalplan enthalten, da die bestehende Kreisstraße 904 keine regional bedeutsame Straße darstellt…“ (Variante 1)
Diese Feststellung muss bei der empfohlenen Prüfung berücksichtigt werden.
Variante 4: „..es gelten die Aussagen zur Variante 1, es ist zu prüfen, ob es raumordnerisch sinnvoll ist, eine überörtliche Straßenverbindung für bestimmte Verkehrsarten zu sperren.“ (S.12)
Diese Einschränkung ist extrem sinnvoll, da sie zusätzlichen Schwerverkehr aus der Mitte von Hailer und Meerholz heraushalten würde. Die Straße ist ja „keine regional bedeutsame Straße“.
Zu Eigentumsverhältnisse (S.12/13)
Das „Anschlussohr“ kann problemlos auf der westlichen Seite errichtet werden. So werden keine zusätzlichen Nachbarflächen benötigt, schon gar keine Häuser müssten gekauft und abgerissen werden.
Warum bei den gestreckten Varianten die Schlossmauer auf einer Länge von 100 m zurückversetzt werden muss lässt sich aus den Unterlagen nicht erkennen.
Bei Variante 4 (LH 3,30m) wäre dies jedenfalls nicht nötig. Außerdem:
„…nördlich der Bahnlinie ist aufgrund der Trogbauweise (mit senkrechten Wänden) die Flächeninanspruchnahme gegenüber den Varianten 1 und 2 geringer.“ (S.13)
Zu Land- und Forstwirtschaft (S.14)
„…ein Eingriff in diese Flächen ist bei der Unterführung in Trogbauweise geringer als bei einer Überführung in Dammlage (Variante 1 und 2).
Zu Verkehrliche Beurteilung (S.16/17)
„…der Streckenzug der K 904 weist ein räumlich begrenztes Wirkungspotenzial mit lokaler Verkehrsbedeutung auf, die Bahnübergangsbeseitigung führt zu einer Verkehrszunahme auf der K 904…“
„…durch den Wegfall auftretender Rückstaus und Wartezeiten führt die gestiegene Verkehrsqualität zu einer erhöhten Verkehrsnachfrage durch lokale Verkehre.“
Zur Variante 4: „…es gelten die Aussagen zur Variante 1, Befahrbarkeit für Schwerverkehr und Busse eingeschränkt, dadurch geringere Verkehrszunahme infolge der Bahnübergangsbeseitigung gegenüber den Varianten 1 bis 3, geringere Entlastungswirkung an der L 3202 gegenüber den Varianten 1 bis 3.
Ergebnisse einer detaillierten aktuellen Verkehrsuntersuchung stehen jedoch nicht zur Verfügung.“
Die Einschränkung des LKW-Verkehrs ist extrem sinnvoll, da sie zusätzlichen Schwerverkehr aus der Mitte von Hailer und Meerholz heraushalten würde.
Bei allen Varianten gilt:
Verknüpfungen mit übergeordnetem und nachgeordnetem Netz bzw. anderen Verkehrsträgern:
…es erfolgt der verkehrsgerechte Umbau der Einmündung K 862 / K 904.
Zu Entwurfs- und sicherheitstechnische Beurteilung (S. 17 – 22)
„…Ausbau des Knotenpunktes mit bautechnischen Vorkehrungen für eine künftige Lichtsignalanlage unter Berücksichtigung einer Linksabbiegespur, durch den Ausbau wird auch eine gesicherte Querung für den Rad- und Fußgängerverkehr geschaffen.“ (S.18)
Hier wird die Aussage des ehemaligen 1. Kreisbeigeordneten Hr. Zach und Hrn. Heiss, Hessen Mobil, während der Sitzung des Bauauschusses am 20. November 2017, dass niemand eine Ampelanlage bei der Einmündung der K 904 auf die K 862 plane, eindeutig widerlegt.
„…Trassierungsgrenzwerte nach EAHV 93 einschl. erforderliche Sichtweiten für V(e) bzw. V(zul) eingehalten.“
Anforderungsniveau der EAHV 93 mit einer Entwurfsgeschwindigkeit von 40 km/h, die aufgrund des sensiblen Umfeldes gewählte Geschwindigkeit von 40 km/h trägt zu einer höheren Verkehrssicherheit bei…“
Die Richtlinie EAHV ist veraltet, gültig ist jetzt die RAL 2012.
Variante 1 u. 2: „…Trennung der Verkehrsarten (Anlage eines Geh- und Radweges) verbessert Verkehrssicherheit“
Variante 3 u. 4: „…ob eine Trennung der Verkehrsarten möglich sein wird, ist zu prüfen“
Es erschließt sich nicht, warum dies bei den Unterführungen eventuell nicht möglich sein soll.
Variante 1: „…die aufgrund des sensiblen Umfeldes gewählte Geschwindigkeit von 40 km/h trägt zu einer höheren Verkehrssicherheit bei“
Das ist laut RAL 2012 bei einer Kreisstrasse nicht zulässig. Wenn bei einer Unterführung auch Tempo 40 statt 50 vorgegeben wird, verringert sich die Baulänge?
Zur Beschränkung der Durchfahrtshöhe / Umstufung:
„…durch die Beschränkung der lichten Höhe, ändert sich die Verkehrsbedeutung der Straße“
Dies kollidiert mit der Aussage auf Seite 12 (Raumordnung) wo festgestellt wird, dass die
„…die bestehende Kreisstraße 904 keine regional bedeutsame Straße darstellt…“
Auf Seite 23 wird u.a. behauptet, dass „…sämtliche regionalen und überregionalen Lieferverkehre und sonstige Schwerlastverkehre entfielen.“
Das ist falsch, da kleinere LKW und Lieferfahrzeuge auch die kleine Unterführung benutzen können. Lediglich der Schwerverkehr, der die schmale K904 auf der nördlichen Seite sowieso kaum befahren kann, müsste wie bisher, andere Straßen wählen. Also wird durch die kleine Unterführung keine Verschlechterung für diesen Verkehr bewirkt.
Zu Lärmimmissionen (S.24 / 25)
Nur bei der kleinen Unterführung „…ist (…) aufgrund der geringeren Verkehrsbelastung (es entfällt u.a. der Schwerverkehr) mit geringeren Immissionen zu rechnen“
Zu Schutzgutbezogene Bewertung / Tiere, Pflanzen, Biotope (S.26)
Die Längenangaben der Bauwerke sind nicht nachvollziehbar.
Zu Beeinträchtigung Biotope (S.27 / 28)
Brückenvarianten (1 u. 2): „mittel – hoch“
Große Unterführung (3): „gering“
Kleine Unterführung (4): „am geringsten wg. kürzerer Rampenlänge und wg. Einschränkung des Verkehrs (geringere Lärm- und Schadstoffemisssionen)“
„Von den drei bereits in der UVS II (1998) enthaltenen Varianten werden dort die Beeinträchtigungen des Schutzgutes Tiere, Pflanzen, Biotope durch die Variante 1 am stärksten bewertet, gefolgt von den Varianten 2 und 3. Diese Bewertung stützt sich auf die Bestandserhebung aus dem Jahr 1995/96. Seitdem haben sich einige Biotope im Eingriffsbereich deutlich gewandelt. Die Bewertung der Beeinträchtigungen muss daher überprüft werden. (…) Die Beeinträchtigungen durch Variante 4 sind etwas geringer einzuschätzen als die der Variante 3.“
Zu Wasser (S.28 – 30)
„Durch das Hydrogeologische Gutachten März 2018 wurden die Auswirkungen auf das Grundwasser und das Wassergewinnungsgebiet näher untersucht“.
Varianten 1/2: „punktuelle Eingriffe in quartären Grundwasserleiter durch Pfahlgründungen
des Brückenbauwerks Bohrpfähle stellen kein relevantes Strömungshindernis dar“
Variante 3: „flächiger Eingriff auf ca. 360 m Länge in den quartären Grundwasserleiter
durch Unterführungsbauwerk (…) Grundwasserströmung verläuft i.d.R. bauwerksparallel, daher kaum
Aufstau oder Absenkungen im Grundwasser zu erwarten“
Variante 4: „es gelten die Aussagen zu Variante 3, jedoch ist der flächige Eingriff etwas geringer (…)
Variante 3/4: Höheres bauzeitliches Risiko für Verschmutzung des Grundwassers als bei Variante 1 und 2“
Zu Landschaftsbild und Erholungsnutzung (S.34)
Varianten: 1 2 3 4
Zu Wohnen und Wohnumfeld (S.35)
Varianten: 1 2 3 4
Zu Kultur- und sonstige Sachgüter (S.36)
Varianten: 1 2 3 4
Zu Betroffenheit von NATURA 2000-Gebieten/FFH-Verträglichkeit
(S. 37)
„…Erst seit (der Änderung des BNatSchG im April 1998) müssen Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen der Schutzgebiete überprüft werden. Die Betroffenheit von Natura-2000-Gebieten/FFH-Verträglichkeit wurden daher in der UVS nicht untersucht.“
Dies muss nachgeholt werden.
Zu Artenschutzrechtliche Belange (S.37/38)
„…Daher wurden die artenschutzrechtlichen Belange im Rahmen der UVS 1996/1998 nicht geprüft. Gemäß dem Ergebnis der für die Überarbeitung des LBP durchgeführten Bestandserhebung im Jahr 2017 sind folgende Arten als planungsrelevant einzustufen:
Fledermäuse: Es wurden 7 Arten im Schlosspark, im Siedlungsbereich und entlang der weiteren Gehölzbestände festgestellt. Inwieweit die Arten durch die verschiedenen Varianten unterschiedlich betroffen sind, muss geprüft werden.
Zauneidechse: Die Zauneidechse wurde im Jahr 2017 nur im Bereich nordöstlich des Bahnüberganges festgestellt.
Ggf. durch Bauarbeiten betroffene Tiere müssen umgesiedelt werden.
Es wurden verschiedene Vogelarten mit ungünstigem Erhaltungszustand in Hessen im Untersuchungsgebiet festgestellt. Möglicherweise müssen Schutzmaßnahmen vorgesehen werden, die eine Kollision von Vogelarten mit Fahrzeugen verhindern oder den Eintritt anderer Verbotstatbestände vermeiden.“
Zu Wirtschaftlichkeit (S.38-40)
„Varianten: 1 2 3 4
Investitionskosten: Bezugsgröße 1,2 Bezugsgröße 1,0 Bezugsgröße2,6 *Bezugsgröße2,1
*Bezugsgröße auf der Grundlage einer gegenüber Variante 3 verkürzten Trog“
Auch wenn die Kosten für Unterführungen höher sind als für Überführungen, sollte die Lebensqualität der Anwohner im Mittelpunkt der Betrachtung stehen, so wie es zu den Varianten des Bahnausbaus östlich von Gelnhausen von Vertretern des MKK gefordert wird: „Priorität habe der Schutz der Bürger. Für sie dürften weder die Attraktivität des Wohnstandorts noch die Lebensqualität in ihren Gemeinden Einschränkungen erfahren. „Für uns steht der Mensch im Mittelpunkt und nicht die Investitionskosten für solch ein Jahrhundertprojekt“. (GNZ 2017-12-01)
Reinhard Simon