GNZ 18.11.23 Gelnhausen-Hailer/Meerholz (mab). Im Oktober haben sich die Gelnhäuser Stadtverordneten mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP mehrheitlich für den Bau der Omegabrücke am Ortseingang von Hailer und Meerholz ausgesprochen – „und damit für die Verschlechterung der Wohn- und Lebensqualität der Bewohner“, kritisieren die Bürger für Gelnhausen den Beschluss. Ihr Fazit: Das Parlament hat seine Aufgabe verfehlt.
Der gemeinsame Antrag von CDU, SPD und FDP, der im Oktober mehrheitlich im Stadtparlament verabschiedet wurde, war nicht nur ein Bekenntnis zum Bau der Omegabrücke als Ersatz für den schienengleichen Bahnübergang, der mittlerweile dauerhaft geschlossen ist, sondern auch ein Plädoyer für den Erhalt der Kreisstraße 904 in Richtung Lieblos. Allerdings nicht in ihrer bisherigen Form, betonen die Bürger für Gelnhausen. Denn der südliche Teil der Kreisstraße wird im Zuge des Brückenbaus verbreitert, wie es die Straßenbaurichtlinie für anbaufreie außerörtliche Straßen ab einem gewissen Verkehrsaufkommen vorschreibt.
Höheres Verkehrsaufkommen ist Folge der Brücke
Laut einem Gutachten soll sich die Zahl der Fahrzeuge, die täglich auf der K 904 unterwegs sind, von derzeit 2 300 auf 5 900 erhöhen. „Doch diese Erhöhung ist eine Folge der Brücke“, betont BG-Stadtverordnete Lydia Naunheim: „Beim Bau einer kleinen Unterführung, die wir seit Jahrzehnten fordern, würde diese Zahl überhaupt nicht erst erreicht werden.“ Und: Kommt die Richtlinie im südliche Teil des Meerholzer Landwegs erst einmal zur Anwendung, ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch der nördliche Teil in der Kinzigaue ausgebaut wird, sagt Naunheim – trotz gegenteiliger Behauptungen des Main-Kinzig-Kreises, der für das Bauvorhaben verantwortlich ist.
Wie Bodo Delhey (ebenfalls BG) ausführt, gilt die angewendete Richtlinie, die breitere Fahrbahnen und Straßenquerschnitte fordert, zwangsläufig für die komplette Straße: „Hessen Mobil wird nach dem Bau der Omegabrücke den Ausbau der nördlichen K 904 fordern. Damit wird entweder die Eschenallee zerstört oder die Straße quer durch das Kinzigtal verlegt.“ Als kritisch bewertet die Wählergemeinschaft auch den Umstand, dass
Hessen Mobil die Richtlinie, die für außerörtliche Straßen gilt, auch als Grundlage für die Verbreiterung der innerörtlichen Liebloser Straße und des Ausbaus des entsprechenden Kreuzungsbereichs an der Hindenburgallee in der Ortsdurchfahrt dient.
Die Befürchtung der Wählergemeinschaft: Der zunehmende Verkehr wird die Situation in der Ortsdurchfahrt von Hailer und Meerholz noch verschärfen. „Die ist mit annähernd 12000 Fahrzeugen pro Tag schon jetzt stark belastet“, sagt Delhey und kritisiert den Beschluss der Stadtparlamentarier: „Die Abgeordneten von CDU, SPD und FDP haben sich offensichtlich weder den 150-seitigen Erläuterungsbericht zu den Planfeststellungsunterlagen, noch die fünf Leitzordner umfassenden Planungsunterlagen angesehen. Denn dann hätten sie bemerkt, dass nicht nur der Bau der Omegabrücke geplant ist.“ Dabei sei das Stadtparlament für den Ausbau der Straße überhaupt nicht zuständig, betont Lydia Naunheim: „Das kann nur der Kreistag entscheiden. Die Stadtverordnetenversammlung hat die Interessen Gelnhausens und seiner Bürgerinnen und Bürger zu vertreten.“
Und genau das habe eine Mehrheit der Parlamentarier eben nicht getan. „Mehr als 2 300 Menschen aus Hailer und Meerholz haben sich bereits 2019 in einer Unterschriftenaktion gegen den Bau der Omegabrücke ausgesprochen“, sagt die BG-Stadtverordnete. „Doch das hat die Fraktionsmitglieder von CDU, SPD und FDP nicht interessiert“, meint Delhey: „Bei der nächsten Kommunalwahl wird sich die AfD, wie bei der Landtagswahl, die Hände
reiben.“
Dabei zeigt er sich von einem wichtigen Argument der Brückenbefürworter nicht überzeugt: „Es wird gesagt, dass die K 904 im Falle einer kleinen Unterführung keine Kreisstraße mehr sei. Es gibt aber durchaus Unterführungen von Landes- und Kreisstraßen mit reduzierter Durchfahrbreite und Höhe. In Gießen gibt es sogar eine Autobahnbrücke mit einer Höhe von 4 statt 4,5 Metern.“
Kosten werden zu Erhöhung der Kreisumlage führen
Falsch sei auch das Argument, dass der Kreis die Brücke finanziere und der Stadt so keine Kosten entstünden. So müsse Gelnhausen durchaus die aufwendige Verlegung der Ver- und Entsorgungsleitungen, die durch den Bau erforderlich werden, zahlen, betont Delhey. Und zwar alleine. Selbst der Brückenbau und der Ausbau der Kreisstraßen K 904 und K 862 seien für die Stadt nicht kostenlos: „Die Kosten werden zu einer Erhöhung der Kreisumlage führen, die auf alle Kommunen umgelegt wird.“
Auch die Kosten für eine 4,50 Meter hohe Unterführung würden zu einem Drittel von Bahn, Land und Kreis finanziert. Diese Lösung sei in der Umweltverträglichkeitsstudie besser als die Brücke bewertet worden. Allerdings hat Hessen Mobil diese Option verworfen. Lydia Naunheim wundert das nicht: „Bei den Planungen steht nur der Autoverkehr im Vordergrund. Dabei hält Hessen Mobil einfach an den Konzepten aus den 80er-Jahren fest, ohne auf alternative Mobilitätsformen zu achten und ohne auf die Stadt und die Umwelt zu schauen.“ Genau dies sei allerdings die Aufgabe der Stadtverordneten. Und selbst in puncto Verkehr ist Naunheim nicht vom Hauptargument der Brückenbefürworter überzeugt – die Entlastung der Westspange: „Der meiste Verkehr auf dem Meerholzer Landweg kommt laut Verkehrsgutachten aus Richtung Freigericht, um nach Lieblos zu fahren.“
Zudem, betonen die BG-Vertreter, solle sich der Kreis gründlich überlegen, ob er ein 20-Millionen-Projekt zahlen will, angesichts der dramatischen Haushaltslage. Nach wie vor plädiert die Wählergemeinschaft für den Bau einer kleinen Unterführung mit einer Höhe von 3,20 Metern. „Hier müsste die Stadt ein Drittel der Kosten übernehmen, das ist richtig“, sagt Naunheim: „Sie würde aber Zuschüsse in Höhe von 90 Prozent vom Land erhalten. Geht man von einem städtischen Anteil von 6 Millionen Euro aus, müsste Gelnhausen etwa 600 000 Euro aufbringen.“ Und das, sagt Naunheim, dürfte sich ähnlich hoch auswirken, wie eine erhöhte Kreisumlage für den Bau der Omegabrücke.
Quelle: GNZ vom 18.11.2023